Wem vertrauen bei der Strom-Versorgungssicherheit?

In der Klimaschutz-Diskussion sind uns in letzter Zeit einige kontroverse Studien aus ETH, EPFL und EMPA präsentiert und missbräuchlich eingesetzt worden, wie z.B. diese hier. Da stellt sich natürlich die Frage: Wem kann ich eigentlich trauen, wenn sich nicht einmal die Forscher und Forscherinnen einig sind?

Leider sind eher die “schrillen Stimmen” in den Medien zu vernehmen. Viele wirklich fachkompetente und breit vernetzte Forscher und Forscherinnen aus dem Fachbereich Energieerzeugung und Verteilung stehen eher im Hintergrund. Eine aus meiner Sicht wichtige Stimme ist Prof. Dr. Gabriela Hug von der ETH Zürich, Leiterin des Energy Science Center (ESC) am Institut für Elektrische Energieübertragung.

Sie hat kürzlich einen lesenswerten Zukunftsblog zum Thema Versorgungssicherheit in der Stromversorgung veröffentlicht, basierend auf einem ganzen Strauss von ETH Studien zur Versorgungssicherheit in einer Netto-​Null-Energiezukunft.
Einige kurze Zitate daraus:

  • “An der ETH Zürich haben sich 15 Energieexpertinnen und -​experten zusammengesetzt und die Versorgungssicherheit in einer Netto-​Null-Energiezukunft für die Schweiz anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen analysiert.”
  • “Eine zuverlässige und zahlbare Versorgung mit erneuerbarer Energie ist keine Utopie – sondern für die Schweiz sinnvoll und machbar.”
  • “…dass eine fossilfreie Energieversorgung für die Schweiz technisch realisierbar ist, und zwar mit vertretbaren, je nach Rechnung sogar negativen Kosten – sofern die Schweiz die erneuerbare Stromproduktion rasch ausbaut und ein effizienter Stromhandel mit der EU weiter möglich ist.”
  • “Die Elektrifizierung von Heizen und Verkehr kann und muss dabei parallel zum Zubau der erneuerbaren Stromquellen geschehen”.
  • “Trotzdem ist die Umsetzung herausfordernd: Der Stromverbrauch wird über die Jahre auf Grund der Elektrifizierung von Gebäude-​ und Verkehrssektor deutlich ansteigen – von den heute rund 60 TWh auf wohl über 80 TWh. Wichtig zu beachten ist dabei jedoch, dass durch den Effizienzgewinn der Gesamtenergiebedarf massiv abnimmt. Das verringert insbesondere die Auslandsabhängigkeit bei den fossilen Energieträgern.”
  • “Dazu kommt, dass die Saisonalität der Stromproduktion zu berücksichtigen und auszugleichen ist. Dies wird machbar durch saisonale Speicherung, etwa in Form von Wasser in Stauseen, Wärme […] oder chemischen Energieträgern (zum Beispiel Wasserstoff oder Biomethan), und durch einen effizienten Stromhandel mit dem umliegenden Ausland. Dies war in den vergangenen Jahrzehnten bereits der Fall.”

Das Ergebnis dieser Arbeiten wurde in einem Übersichtsbericht in Form einer qualitativen Analyse (=Erkenntnisgewinn) publiziert. Das besondere dieses Berichts liegt darin, dass er auf mehreren, unabhängigen an der ETH entwickelten quantitativen (=zahlenmässigen) Energiemodellen und Szenarien basiert. Wichtige Resultate aus diesen Studien werden im Bericht zusammengefasst und verglichen (siehe dort z.B. Abbildung 4, Modellergebnisse).

Ich denke, dass wir derzeit mit diesem Bericht einen sehr vertrauenswürdigen Wegweiser für unsere Energiezukunft zur Hand haben! – Für mich unverständlich, dass sich die Medien und die Politik nicht auf solch breit abgestützte, fundierte Arbeit “stürzen”.

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