E-Fuels, synthetische Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt werden (sog. Power-to-Fuel), sind derzeit in aller Munde. Wenn der benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen und das CO2 aus der Atmosphäre gewonnen werden, können damit Verbrennungsmotoren klimaneutral betrieben werden (siehe Wikipedia).
Nun werden die Stimmen immer lauter, die auf diese Weise den Verbrennungsmotor im Auto retten möchten. Dass dies energetisch keinen Sinn macht liegt an der energieintensiven Produktion der E-Fuels. Der Betrieb eines eFuel-Motors in einem Auto benötigt (je nach Berechnung und Anwendungsart) etwa 3 mal mehr Energie als ein Elektroauto mit Batterien. Neben dem geringen Wirkungsgrad spricht auch die Emission von Abgasen wie Stickoxide, Kohlenmonoxid, Ammoniak bei der Verbrennung dagegen.
So viel zu den Fakten. Die folgende Porsche-Grafik [1] ist daher etwas irritierend.

Quelle: siehe [1]
Diese Grafik legt nahe, dass ein mit E-Fuel betriebener Porsche einen fast gleich hohen “Nutzungsgrad” hat wie ein elektrisch angetriebener Porsche mit Batterien, nämlich 7-8%.
Wie schaffen Sie dieses “Kunststück”? Steckt eine neuartige Technologie dahinter?
Bei Porsche selber findet man eher wenig Informationen dazu. Licht ins Dunkle bringt eine Studie im Auftrag des Mineralölindustrie [2]. Sie bedient sich eines raffinierten Tricks. Die Solar- und Windstromproduktion in bestimmten Gegenden Südamerikas liefert pro Fläche installierter Solarzellen oder pro Windrad viel mehr Strom als in Mitteleuropa. Also vergleichen sie kurzerhand die “Effizienz pro Produktionseinheit” eines mit südamerikanischem Treibstoff betriebenen e-Fuel Porsche mit einem mit deutschem Ökostrom betriebenen Fahrzeug! Durch den höheren Solarertrag in Südamerika wird so die schlechte Energieeffizienz der eFuels überdeck – Hier werden also wieder mal Äpfel mit Birnen verglichen!
Aber wir wollen nicht voreingenommen sein. Man kann ja argumentieren, dass die Produktion von eFuels im Ausland (abgesehen von der aktuellen Diskussion über Auslandsabhängigkeiten) die schlechte Effizienz von eFuels wettmacht, zumal der Energieverbrauch für den Transport (wenn er CO2-frei ist) akzeptabel ist.
Aber dieses Argument zieht nicht. Sobald wir die Energiesituation als Ganzes und nicht nur den Autoverkehr isoliert betrachten, stellen wir fest, dass es weitere Anwendungsbereiche gibt, in denen wir zukünftig unbedingt auf eFuels angewiesen sind, z.B. für die Langzeitspeicherung von Strom, Langstreckenflugzeuge, Schiffe und industrielle Anwendungen. Einerseits werden wir für diese Anwendungen lokale Stromüberschüsse im Sommer nutzen, andererseits werden wir auch auf internationale Produktionsstandorte angewiesen sein und diese E-Fuels sicher nicht in Automotoren verbrennen!
Was ich an dieser “Marketing-Story” von Porsche besonders bedenklich finde, ist die Art und Weise, wie die Verluste der beiden Technologien in der obigen Grafik visuell dargestellt werden. Die Grafik erweckt den Eindruck, dass diese gleich groß seien. Die Dimensionen der Blöcke sind in aber in keiner Weise korrekt. Ich habe die Energieverluste untenstehend mit realen Werten dargestellt. Um Diskussionen über richtige/falsche Daten zu vermeiden, habe ich dazu die Basisdaten der erwähnten Studie [2] der Mineralölindustrie unhinterfragt übernommen.

Es wird sofort ersichtlich, dass mit eFuel deutlich weniger Energie “auf die Strasse” (=Nutzung im Fahrzeug) kommt als beim reinen Elektroantrieb!
Aber vielleicht habe ich etwas falsch verstanden? Auf der Liste der sinnvollen Einsatzgebiete für eFuels (siehe Wikipedia) steht auch der Betrieb von “Oldtimer Fahrzeugen”. Sieht Porsche darin sein zukünftiges Geschäftsmodell und geht es gar nicht darum, den Verbrennungsmotor um jeden Preis zu retten?
Quellen:
[1] automotiveIT, 3.12.2020, Jürgen Wolff, Media-Manufaktur
https://www.automotiveit.eu/technology/porsche-e-fuels-synthetischer-kraftstoff-aus-windenergie-110.html
[2] frontier economics, “DER EFFIZIENZBEGRIFF IN DER KLIMAPOLITISCHEN DEBATTE ZUM STRASSENVERKEHR, Ein gesamtheitlicher Ansatz für die Effizienzbewertung von Technologien”,
Oktober 2020. Studie im Auftrag von: UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen und MWV Mineralöl Wirtschaftsverband.
https://www.frontier-economics.com/media/4297/rpt-frontier-uniti_mwv_effizienz-antriebssysteme_26-10-2020-stc.pdf
Ergänzung vom Autor zum Thema Abgase: Es gibt unterschiedliche Meinungen, wie gross die Abgasemissionen von E-Fuel Fahrzeugen tatsächlich sind. Eine Studie von T&E [1] sagt, dass E-Fuels gleichviel Schafstoffe wie herkömmliche Autos ausstossen. Concawe [2], die dort zitiert wurde, hält dem entgegen, dass die Tests von T&E nicht aussagekräftig sind und die Schadstoffemissionen geringer seien.
Generell ist es schwierig belastbare Quellen zu diesem Thema zu finden. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass es sich noch um ein neues Thema handelt, entsprechende Betriebsstoffe in grösseren Mengen noch kaum erhältlich sind.
Immerhin weist eine Studie des deutschen Umweltbundesamtes [3] darauf hin, dass mittels eFuels im Luftverkehr die schädlichen Abgase, die beim Fliegen einen wesentlichen Beitrag zur Klimaveränderung beitragen, reduziert werden können. Ein wichtiger Punkt für den äusserst sinnvollen Einsatz von e-Fuels in Flugzeugen und Schiffen.
Die Concawe-Stellungnahmen hält weiter fest: «we agree that electrifying journeys, either through BEVs (Battery Electric Vehicles) or PHEVs (Plug-in Hybrid Electric Vehicles), remains the main short-term solution for reducing the carbon footprint of new passenger cars». D.h. sie betonen ebenfalls, dass elektrische Fahrzeuge die beste Kurzzeitlösung für neue Autos darstellen.
[1] Transport & Environment, Magic Green Fuels- Why synthetic fuels in cars will not solve Europe’s pollution problems., 2021
[2] Concawe Environmental Scope for European Refining, «Concawe’s response to the publication and presentation of T&E’s report1 “Magic green fuels: Why synthetic fuels in cars will not solve Europe’s pollution problems?” https://www.concawe.eu/publication/concawes-response-to-the-publication-and-presentation-of-tes-report-magic-green-fuels-why-synthetic-fuels-in-cars-will-not-solve-europes-pollution-problems/
[3] Umweltbundesamt, Power-to-LiquidsA scalable and sustainable fuel supply perspective for aviation, 2022