Windenergie “Swiss Made”

Es dürfte unbestritten sein: Um “CO2 Netto-Null” bis 2050 zu erreichen, müssen wir unsere Stromversorgung zwingend auf erneuerbare Quellen umbauen. Die Solarenergie wird dabei eine tragende Rolle spielen. Solarstrom kann inzwischen “vernünftig” produziert werden, hat aber auch ein paar Nachteile: Im Winter und bei schlechtem Wetter wird systembedingt weniger Strom produziert. Es wäre aber ineffizient, die Solarzellen-Installationen entsprechend auszubauen um diese “Lücke” zu decken. Dazu gibt es bessere Lösungsansätze!
Ein interessanter Lösungsansatz (neben der Wasserkraft) stellen Windkraftwerke dar. Windkraft fällt auch dann an, wenn die Sonne nicht oder in geringem Masse scheint. Die beiden Energiequellen ergänzen sich ideal.
Die Frage lautet daher: wieviel Windenergie brauchen wir bis wann, wo stehen wir aktuell mit dem Ausbau?

Wer meine Monitoring-Website “CO2 Netto-Null 2050” kennt, weiss, dass ich mich bezüglich grüner Stromproduktion auf das Energieszenario “Zero Basis” des Bundesamtes für Energie (BfE) stütze. Dieses Szenario propagiert in der Schweiz einen moderaten Ausbau der Windenenergie. Es geht aber auch davon aus, dass die Schweiz bis im Jahr 2050 im Winter jeweils ca. 9 TWh (eine beachtliche Menge!) an Windenergie aus Europa importiert, um nach dem Abschalten der Atomkraftwerke die Lücken der Sonnenergie im Winter decken zu können!

Ist diese Auslandabhängigkeit vertretbar? – Wenn wir uns erst mal vom Erdöl und der Atomkraft gelöst haben, wird die Auslandabhängigkeit unserer Energieversorgung massiv abnehmen. Dagegen scheint der angesprochene Import an Windenergie vertretbar zu sein. Wobei natürlich offen ist, ob das Ausland auch tatsächlich liefern kann. Eine (zukünftige) Alternative wäre allenfalls, dass wir im Winter Energie auf Wasserstoff-Basis aus Nord-Afrika beziehen, was nebenbei einen erwünschten wirtschaftlichen Effekt in diesen Ländern hätte.

Lösungsansätze gibt es also. Aber schon aus Gründen der Diversifikation sollten wir auch in der Schweiz Strom via Windenergie erzeugen. Dies sieht auch das zitierte Szenario “Zero Basis” des BfE vor.
Leider steht der Ausbau der Windenergie in der Schweiz aktuell still, so dass selbst diese bescheidenen Ziele gefährdet sind. Dies zeigen eindrücklich die Zahlen in folgender Grafik von Suisse Eol:

Abbildung: Installierte Leistung (rot) und Energieproduktion (blau) der Windenergie in der Schweiz. Quelle: Suisse Eol

In Rot sehen wir in der obigen Figur die installierte Leistung (gemessen in Megawatt, d.h. die pro Zeiteinheit maximal erzeugbare Energie). Dabei wird klar, dass in den letzten 4 Jahren die installierte Leistung stagnierte, also keine neuen Windkraftwerke in Betrieb genommen wurden!

Dies wird erklärlich, wenn man die vielen Einsprachen gegen Windkraftwerke in Betracht zieht.
Oft treffen sich leider im Widerstand gegen Windkraftwerke die unterschiedlichsten Interessenlager, auch Umweltschützer*innen. Ich kann nachvollziehen, dass diese (ich gehöre auch dazu) sich Sorgen wegen der getöteten Vögeln, den landschaftlichen Auswirkungen etc. machen. Aber ich denke wir müssen unsere Prioritäten sorgfältig abwägen. Die Atomkraftwerke müssen wir bald mal abschalten und der CO2 Umbau ist ein wirklich herausforderndes Projekt. Es klingt vielleicht etwas zynisch, aber wenn uns die Dekarbonisierung nicht rechtzeitig gelingt, müssen wir uns keine Sorgen wegen Vogelschlag etc. mehr machen, dann haben wir ganz andere Probleme.
Ähnliches gilt übrigens auch für die Geothermie als Energiequelle: Macht es wirklich Sinn Geothermie-Versuche wegen Rissen in Häusern zu stoppen, etwas, das bei grösseren Baustellen mit Pfählungen immer wieder passiert und entsprechend abgegolten wird?

Wenn wir das CO2 Problem und den Atomausstieg wirklich ernst nehmen, müssen wir auch bereit sein Kompromisse einzugehen! Diese Diskussionen werden zeigen, ob wir es als Gesellschaft schaffen, Mehrheiten für einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden.

Nach diesem Ausflug in philosophische Sphären, zurück zum “Alltag”. Da mir der Ausbau der Windenergie in der Schweiz kritisch scheint, habe ich mich entschlossen den weiteren Ausbaue der Windenergie unter CO2 Netto-Null 2050 / Monitoring Windenergie als eigenständigen Aspekt in mein Monitoring aufzunehmen. Um die Veränderungen über die Jahre besser sichtbar zu machen, wird dabei jährlich ein Ist-/Soll-Vergleich des jährlichen Ausbaus der Energieproduktion (in Terrawattstunden pro Jahr , d.h. der tatsächlich in einer Zeitperiode erzeugten Energiemenge) erstellt. Die Energieproduktion pro Jahr ist übrigens in obiger Grafik in Blau dargestellt. Wir sehen dort, dass es insbesondere zwischen 19/20 zu einer Stagnation gekommen ist. Wir haben also durchaus Handlungsbedarf!

Kommentare (auch kritische) und Anregungen sind jederzeit willkommen (siehe dazu “Kommentar verfassen)!
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