Im Winter brauchen wir grundsätzlich mehr Strom und die Photovoltaik im Mittelland produziert dann weniger Strom. Die berühmte “Winterstromlücke” droht. Können wir nicht einfach im Sommer überschüssigen PV-Strom für den Winter speichern?
In der Fachliteratur lesen wir dazu Unterschiedliches. Einerseits etwa:
“Im engeren Sinne handelt es sich bei Speicherkraftwerken […] aber nicht um Stromspeicher, da sie keine elektrische Energie aufnehmen können. Sie eignen sich somit auch nicht für die Einspeicherung überschüssiger Stromerzeugung”. [1]
Andererseits aber auch: “Grosse Stauseen können zudem den saisonalen Ausgleich schaffen, d. h. Energie im Sommer speichern (wenn die PV-Produktion hoch ist) und im Winter nutzen.” [2]
Was stimmt nun? Um der Sache auf den Grund zu gehen, müssen wir die Unterschiede zwischen Pumpspeicher- und Speicherkraftwerken beachten:

Abbildung: Unterschiede von Speicherkraftwerk und Pumpspeicherkraftwerken.
Tatsächlich ist es unrealistisch, im Sommer produzierten PV-Strom per Pumpspeicher in grösseren Mengen in die oberen Speicherbecken hochzupumpen. Dazu fehlen uns einerseits die nötigen Kapazitäten bei den Pumpspeicherwerken, wobei die Beschränkungen meist bei den Unterbecken liegen. Zudem brauchen wir die Pumpspeicher primär für den Ausgleich der tageszeitlichen Schwankung der PV- Produktion.
Speicherkraftwerke hätten die nötige Kapazität. Aber ein Hochpumpen von Wasser ist bei diesem Kraftwerkstyp nicht möglich. Zudem speichern diese schon heute Energie vom Sommer für den Winter. Sie werden nämlich durch natürlichen Wasserzufluss im Sommer und Herbst gefüllt, getrieben durch die Schneeschmelze. Die bestehende Kapazität der Speicherseen ist damit aber weitgehend ausgeschöpft.
Also scheint eine Langzeitspeicherung von grösseren Mengen PV-Strom im Sommer unrealistisch? – Nun, so einfach ist nicht!
Bereits im Bericht “Dreamteam” [3] wurde aufgezeigt, wie die PV-Produktion im Winter zur Entlastung der Speicherseen beitragen und damit eine Reserve für den Frühling schaffen kann.
Analoges kann für die Langzeitspeicherung gesagt werde. Aus der Eingangsgrafik, welche die Stromproduktion (Verstromung), den (Wasser)Zufluss und den Pegel aller Speicherseen der Schweiz über das Jahr hinweg zeigt, lässt sich ableiten, dass eine hohe PV-Produktion im Sommer dabei helfen kann, die Füllung der Speicherseen zu optimieren. Überschüssige PV-Produktion kann die geplante Verstromung in dieser Zeit, welche zu einer Wasserentnahme führt, ersetzen. Dadurch werden sich die Speicherseen trotz fehlender Pumpen schneller und maximal füllen. So können weitere Reserven geschaffen und ein schneearmes Jahr kann auf diesem Wege kompensiert werden!
In diesem Sinne gilt: Ja, Speicherseen speichern im Sommer/Herbst (Wasser)Energie für den Winter und die PV-Produktion im Sommer und Herbst kann bei der Optimierung dieser Speicherung helfen und schneearme Wetterperioden ausgleichen.
Ohne massiven Ausbau der Speicherseen könnte auf diesem Wege aber kaum der ganze Strombedarf im Winter gedeckt werden. Daher empfiehlt sich zusätzlich, auch aus ökonomischen und landschaftsschützerischen Überlegungen, die geschickte Kombination weiterer Massnahmen wie Alpine-PV, Horizontale PV, Windkraft (der Wind weht auch im Winter), Importe (z.B. Windstrom aus Nordeuropa) und längerfristig (ca. ab 2040) eine weitere Langzeitspeicherung, etwa die Speicherung von überflüssigem Strom in Form von Wasserstoff.
[1] Energiespeicher der Schweiz, Bedarf, Wirtschaftlichkeit und Rahmenbedingungen im Kontext der Energiestrategie 2050, BfE, 2013
[2] Versorgungssicherheit in einer Netto-Null-Energiezukunft für die Schweiz, ETH, 2023
[3] Dreamteam Wasserkraft und Solarstrom, Thomas Nordmann und Jörg Hofstetter.
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